Eine shopperzentrierte Ansprache, interaktive ­Inhalte und KI – diese sowie weitere digitale Topics treiben den Handel aktuell an. Welche Ansätze sind zukunftsweisend? display gibt einen Überblick.

Kaum ein Thema hat in letzter Zeit verschiedenste Branchen so beschäftigt wie KI. Auch im Retail eröffnen sich damit einige Chancen – sei es in der Displayentwicklung oder in der individuellen Kommunikation auf der Verkaufsfläche. Gleichzeitig haben sich POS-Lösungen wie interaktive Touchsceens mittlerweile im Handel etabliert und werden nun mit neuen Funktionen ausgestattet. Automatisierter Inhalt, um am POS aktuell zu bleiben, ist nur eine der Neuheiten. Was also vor einigen Jahren noch unter dem Buzzword Omnichannel-Marketing gestartet ist, hat sich seither stetig weiterentwickelt. Denn heute geht es um viel mehr als nur darum, verschiedene Kanäle miteinander zu verbinden. Mit Hilfe digitaler Lösungen streben Händler und Marken eine ganzheitliche Shopperexperience an. Dafür setzen sie auf Konzepte, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind und ihre Markenwelt individuell erlebbar machen. Damit heben sie sich von Wettbewerber ab und begeistern Kunden weit über den Einkauf hinaus. Insgesamt hat sich gezeigt, dass Digitalisierung ein laufender Prozess ist, der voraussichtlich immer in Bewegung bleiben wird. Welche Lösungen aus dem Einkauf ein Erlebnis werden lassen und welche Technologien zukunftsfähig sind, berichten Expertinnen und Experten aus dem Bereich Digital Signage und Warenpräsentation.

Digitales Angebotsposter

Lange Zeit waren Prospekte und Handzettel das Kommunikationsmittel Nummer eins für Händler, um auf aktuelle Angebote hinzuweisen. Heute versuchen viele Retailer direkt auf der Verkaufsfläche zu werben. Für diesen Zweck findet man digitale Lösungen mittlerweile häufig in Schaufenstern, an Wänden, Regalen oder in Form einer Infostele. Um bisherige Prospekte stets aktuell und digital präsentieren zu können, kommen Content Management Systemen (CMS) eine entscheidende Rolle zu. Denn damit lässt sich der Inhalt erstellen, verwalten und aktualisieren. Mittlerweile können auch Designs automatisch generiert werden, erklärt Oliver Kost, Head of Sales xplace: „Unser hauseigenes CMS Beeceen ermöglicht nicht nur Inhalte wie Bilder, Texte und Grafiken für Angebotsposter hochzuladen und zu organisieren, sondern bietet neben Vorlagen und Designoptionen auch eine Datenbankanbindung, um ansprechende und professionelle Poster zu gestalten.“ Dazu können ein bis fünf Artikelnummern im Template für das Angebotsposter eingegeben werden. Anschließend werden Daten aus der Produktdatenbank gezogen und daraus wird Content für die Screens generiert.

Aus Sicht der Händler ergeben sich daraus einige Vorteile. „Zum einen lassen sich die Poster schnell umsetzen und Fehler lassen sich vermeiden. Denn dank Datenbankanbindung können Informationen schneller eingebunden werden, eine ERP-System-Anbindung ist also nicht zwingend nötig. Zum anderen spart unsere Lösung dank Vorlagen Zeit und es wird keine Grafikdienstleistung benötigt“, sagt Kost.

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Automatisch generiert: xplace hat eine ­Lösung eingeführt, die Inhalte von Angebotspostern schnell und ohne Grafikdienstleistung aktualisiert. Foto: xplace

Weniger aktionsgetrieben geht es bei erklärungsbedürftigen und hochpreisigen Produkten zu. Vor dem Kauf informieren sich Shopper häufig ausführlich oder lassen sich beraten. Um mehr Informationen geben zu können, vertrauen Händler oder auch Markenartikler auf Lift-and-Learn-Lösungen. Auch die POS-Experten von decor metall nehmen diesen Trend wahr und binden auf Kundenwunsch Sensortechnologie in Kombination mit Digital Signage-Elementen und LED-Monitoren in Warenpräsentationen ein. „Nimmt ein Shopper ein Produkt in die Hand, wird auf dem Monitor gezielter Inhalt ausgespielt. Die Content-Steuerung erfolgt durch Sensoren, die an den Waren angebracht sind“, erläutert Ute Kintzel, Marketing Managerin decor metall, die Funktionsweise. Zusätzlich können Sensoren beispielsweise das Alter und das Geschlecht des Shoppers erkennen und daraufhin personalisierte Inhalte auf dem Display anzeigen. „Auf diese Weise erfährt der Shopper ein ganz individuelles Einkaufserlebnis. Gleichzeitig bildet die sensorgestützte Warenpräsentation für den Markenartikler einen wesentlichen Baustein der Produkt- und Marktforschung“, betont Kintzel.

„Digitale Medien spielen eine immer größere Rolle, da sie vielfältige Möglichkeiten bieten, um Produkte ansprechend zu präsentieren und die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen.“

Ute Kintzel, Marketing Managerin decor metall

Foto: decor metall

„Das Kundenerlebnis wird durch spielerische Interaktion ein deutlich intensiveres, bleibt in Erinnerung und macht dem Kunden Lust auf mehr.“

Dirk Koke, Inhaber und Geschäftsführer Koke

Foto: Koke

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Alternativ könnte ein Service-Terminal mit einer Scan-Funktion ausgestattet werden, um die Produktberatung zu unterstützen, meint Dirk Koke, Inhaber und Geschäftsführer Koke: „Ein einfacher Scan eines Produkte und ich sehe auf dem Display zusätzliche Informationen, die weit über die Verpackung hinausgehen. Besonders bei Discountern mit schnell wechselnden Angeboten, können digitale Informationen das Marktpersonal entlasten.“ Auch auf ein Lebensmittel zugeschnittene Rezeptvorschläge könnten angezeigt werden, wenn das Produkt gescannt wird. „Auf diese Weise ensteht auch ein persönliches Einkaufserlebnis“, weiß Koke.

Spielerisch zum Ziel

Gamification bringt Elemente und Vorgänge, die wir von Spielen und Videogames kennen, in spieluntypische Bereiche wie in den Schulunterricht oder auch an den POS. Dort ist der Ansatz zunehmend eine wichtige Strategie, um mit Kunden in Kontakt zu kommen und ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, bestätigt Koke: „Das Kundenerlebnis wird durch spielerische Interaktion ein deutlich intensiveres, es bleibt ganz anders in Erinnerung und macht den Kunden Lust auf mehr. Die Verweildauer wird erhöht und die Beschäftigung mit dem Produkt oder der Marke wird deutlich intensiviert.“ Dementsprechend wird der Shopper auf unkonventionelle Weise angesprochen und einbezogen. So können Händler und Markenartikelhersteller ihre Ziele spielerisch erreichen.

Mittels generativer KI lassen sich schon heute Displays entwerfen – unter Berücksichtigung von bestimmten Parametern. Foto: diconium

„Denn Gamification steigert die Markenbekanntheit, stärkt das Markenimage und trägt dazu bei, Produkte samt Features und Funktionsweisen zu präsentieren, die Hemmschwelle zu überwinden, die Neugier zu wecken und Erstkontakte zu erhöhen“, sagt Koke.

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Pose with the pros

Ein Beispiel für Gamification ist die Lösung „Pose with the pros“, die die Digital-Signage-Experten von Koke für die Erstliga-Handball-Damen der HSG Bensheim/Auerbach Flames programmiert und umgesetzt haben. An einem Touchdisplay können Fans dank Augmented Reality mit ihren Lieblingsspielerinnen für ein Foto posieren. Anschließend wird das Bild per QR-Code aufs Smartphone geschickt. „Dieses Angebot wird von allen Altersgruppen sehr begeistert angenommen. Auf den POS übertragen, ergeben sich viele Möglichkeiten. Warum nicht mit dem Maskottchen oder dem prominenten Testimonial einer Marke posieren oder lustige Selfie-Situationen mit den Produkten inszenieren?“, schlägt Koke vor. Damit kann eine Community erschaffen werden, von der der Shopper ein Teil wird. 

LED als Eyecatcher

Ursprünglich sind LED-Displays vor allem in der Außenwerbung zum Einsatz gekommen, da sie hervorragende Helligkeitswerte liefern. Je nach Betrachtungsabstand konnte auch für großflächige Werbetafeln im öffentlichen Raum ein größerer Pixelabstand gewählt werden, um Energie zu sparen. Denn die Technologie basiert auf Leuchtdioden, die Licht erzeugen. Andere Displays benötigen dafür eine Hintergrundbeleuchtung. Außerdem überzeugen LED-Screens durch eine brillante Farbwiedergabe und eine höhere Lebensdauer. In den letzten Jahren hat die LED-Technik Einzug in den Einzelhandel gehalten – und das mit gutem Grund, meint Kintzel: „Im Vergleich zu herkömmlichen Displays können LED-Bildschirme dank ihrer modularen Bauweise in verschiedenen Größen und Formen hergestellt werden. Somit sind sie vielseitig einsetzbar. Ob gekrümmt, gebogen oder in unregelmäßiger Form ermöglichen sie beeindruckende Architekturen und Add-Ons an Warenpräsentationen und dienen damit als Eyecatcher.“ Vor diesem Hintergrund werden ihrer Einschätzung nach LED-Displays künftig auf Verkaufsflächen an Bedeutung gewinnen.

Mit integrierten digitalen Medien wie Digital Signage-Elementen, LED-Displays und Sensorik wird die POS-Lösung zum Hingucker und der Kauf zum interaktiven Erlebnis. Foto: decor metall
Digitale Lösungen
Foto: Marcus-Schultz

Ganzheitliche Erlebnisse

Wie LED-Technologie in Kombination mit Sensoren ganze Erlebniswelten eröffnen, zeigt xplace im Musikhaus Thomann. Dafür wurde auf der Verkaufsfläche eine großflächige, interaktive Installation in Betrieb genommen. „Betreten Shopper diesen LED-Tunnel, der zwei Gebäudeeinheiten verbindet, sendet der Präsenzmelder an einen Server Daten, die der verbundene Player abfragt und darauf reagiert. Dann erfolgt ein Contentswitch und die Aktivierung der Soundanlage – ein durch den Besucher getriggertes, impulsives Schlagzeugsolo macht die Drums-Produktwelt erlebbar“, erklärt Kost das Konzept. Dank gezielt ausgespieltem Sound- und Videocontent wird der Shopper individuell angesprochen und er kann aktiv in die Produktwelt eintauchen. Zu allen Produkten sollten thematisch passend digitale Erlebnisflächen geschaffen werden, die Ladengeschäft und Onlineshop miteinander verschmelzen lassen. „Folglich ist diese Lösung Teil der Mission von Thomann: Innovative Digital-Signage-Must-Haves sollen mit einerm durchdachten User Experience-Konzept zu einer kosteneffizienten und nachhaltigen Multichannel-Kundenansprache verknüpft werden“, fasst Kost zusammen. 

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KI als Beschleuniger

KI verändert die Arbeitsprozesse in vielen Branchen und unterstützt Menschen bei ihren täglichen Aufgaben – so auch im Handel und POS-Marketing. „Beispielsweise lassen sich mittels generativer KI heutzutage so schnell und kostengünstig wie nie zuvor Designkonzepte erstellen“, weiß Vanessa Schmoranzer, Partner bei diconium strategy. Kundenspezifische Parameter wie Markenidentität und Zielgruppe werden direkt in Erstgesprächen über neue Display-Prototypen berücksichtigt. „Die Kunden wählen aus einer breiten Palette von Optionen aus und haben eine visuelle Grundlage für Feedback, was den Abstimmungsprozess beschleunigt. Auch Änderungen in Echtzeit sind möglich. Diese Herangehensweise fördert also ein kollaboratives Umfeld, da die Kunden direkt in den Designprozess eingebunden sind, was wiederum zu einer höheren Zufriedenheit und Vertrauen führt“, meint die Marken- und Retailexpertin Schmoranzer. In Kombination mit AR und VR können realistische Prototypen und Visualisierungen inklusive Display-Setup erstellt werden, noch bevor physische Prototypen produziert werden. „Folglich spart man Zeit und Kosten“, schlussfolgert Schmoranzer.

Zielgerichtete Ansprache dank KI

„Für das Musikhaus Thomann haben wir eine interaktive Erlebniswelt geschaffen. Betreten Shopper den LED-Tunnel, wird gezielt Sound- und Videocontent ausgespielt, um in die Produktwelt eintauchen zu können.“

Oliver Kost, Head of Sales xplace

Foto: xplace

„Für den einzelnen Laden bedeutet der Einsatz von KI und digitalen Displays, Kunden individueller anzusprechen.“

Vanessa Schmoranzer, Partner bei diconium strategy & Marken- und Retail-Expertin

Foto: diconium

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Neben der Displaykonzeption kann KI auch direkt am POS seinen Beitrag leisten. „Für das einzelne Geschäft bedeutet der Einsatz von KI und digitalen Displays Kunden individueller anzusprechen. Wenn du beispielsweise mit der Rewe-App auf deinem Handy am Display vorbeiläufst oder das Display am Einkaufswagen hast, erkennt das System deine Präferenzen und zeigt Angebote oder Produkte, die dich wirklich interessieren“, sagt Schmoranzer. Dabei unterstützt die KI-Technologie den Handel dabei, personalisierte Inhalte anzuzeigen, was die Effizienz der Werbung und Angebote steigert, aber auch das Kundenerlebnis verbessert. Doch es geht noch weit darüber hinaus, betont Schmoranzer: „Auf die Summe aller Filialen skaliert, vervielfacht sich dieses Potential – gerade bei großen Händlern. KI kann dabei helfen Trends zu erkennen, Ladenbestände zu optimieren und die Kundenzufriedenheit über ein breites Netzwerk an Filialen zu verbessern.“ Händler wie Rewe profitieren also von effizienteren Betriebsabfläufen, während Shopper eine maßgeschneiderte Shopper Experience erfahren.

Rewe testet Tablets

Zusammen mit dem israelischen Technologie-Unternehmen Catch erprobt Rewe aktuell einen digitalen Einkaufsassistenten. Dafür werden Einkaufswagen mit Tablets ausgestattet, die mehrere Funktionen bereitstellen. Dazu gehört eine Navigation durch den Markt, individuelle Produktvorschläge und Produktsuche. Die Technologie dahinter beruht auf KI und begleitet den Einkauf entlang der Customer Journey. Dabei lernt Catch Einkaufswege, ohne persönliche Daten dauerhaft zu speichern. Basierend auf diesen Daten sagt die Lösung den Weg durch den POS vorher und liefert in Echtzeit zum Einkauf passende Produktvorschläge. Zudem befindet sich auf der Rückseite der Tablets eine Kamera. Mit deren Hilfe lassen sich Barcodes sowie digitale und handgeschriebene Einkaufslisten einscannen. Auf diese Weise führt das System Shopper zu den gewünschten Artikeln. Darüber hinaus macht Catch auf relevante Rabatte aufmerksam. An diesem Pilotprojekt beteiligt ist zunächst das Rewe Center in Köln-Bickendorf. Insgesamt verfolgt der Handelskonzern mit dem digitalen Einkaufswagen das Ziel, das Einkaufserlebnis in den Märkten zu verbessern und Shopper individuell anzusprechen.

Digitale Lösungen
Foto: Rewe